
In dieser Zusammenstellung taucht die Wissenschaft deswegen an dieser Stelle auf, weil sie viel zu häufig als Gegenspielerin der Religionen wahrgenommen wird - was absurd ist.
Ich beziehe mich hier hauptsächlich auf die Astrophysik und Kosmologie, welche ja letztlich der Frage nachgeht, wo wir herkommen.
Die Themen moderner Kosmologie und Physik lassen sich nur von den wenigsten Menschen exakt mathematisch (mit der Sprache der Physik) nachvollziehen. Ich jedenfalls wäre nicht in der Lage, eine Störungsrechnung zur Auflösung des Schwingungsverhaltens eines Strings aufzulösen - oder aufzustellen.
Aber dafür gibt es glücklicherweise Menschen, die es können und die uns erläutern, was dabei rauskommt (bzw. warum dabei nicht einfach ein Ergebnis rauskommt).
Wir können das dann glauben oder nicht. Aber natürlich gibt es ein paar deutliche Unterschiede zwischen "klassischem" Glauben und Wissenschaft:
- Der entscheidende Unterschied zum "normalen" Glauben ist, dass wir alle prinzipiell durchaus in der Lage wären, wissenschaftliche Theorien zu verstehen. Alles, was dafür notwendig ist, ist verfügbar - Bildungseinrichtungen, Literatur, Gleichgesinnte, etc.
Wir tun es nur aufgrund des Mangels von Fähigkeit, Lust oder Zeit nicht.
Statt dessen vertrauen wir vernünftigerweise darauf, dass jene anderen Ihre Recherchen nach bestem Wissen durchführen und zu bestmöglichen Ergebnissen kommen. - In der Wissenschaft gibt es keine Dogmen. Eine Theorie wird nicht künstlich am Leben gehalten, wenn Beweise gegen sie existieren - es sei denn, diese Gegenbeweise lassen sich aus dem Weg räumen.
- In der Wissenschaft (außer in der Mathematik) wird nichts bewiesen. Vielmehr wird geschaut, ob es etwas gibt, was gegen eine Theorie spricht. Solange nichts gefunden wird, kann man von der Richtigkeit der Theorie ausgehen. Sobald ein Widerspruch gefunden wird, wird es spannend. Jetzt kann die Theorie an die neue Sachlage angepasst werden, der Widerspruch kann bei genauerer Prüfung verpuffen, eine Theorie kann aber auch stürzen und als falsch identifiziert werden.
- Eine wissenschaftliche Theorie bietet keine Sinngebung. Wo die meisten Glaubensrichtungen (meist ergebnislos) nach dem "warum" fragen kommt bei der Wissenschaft nur ein "wie".
Eine Theorie wird lediglich als Beschreibung einer bestimmten Situation gesehen. Wenn also ein Phänomen auftritt, dann kann es mit Hilfe der Theorie beschrieben werden. Ein Warum kann aus dieser Theorie entstehen, muss aber nicht. - Wenn eine neue Theorie gefunden wird, die in bestimmten Situationen besser funktioniert als die alte bedeutet das nicht, dass die alte Theorie falsch ist.
Sie können beide in bestimmten Situationen richtig sein.
Z.B. leistet Newtons Gravitationsmodell immer noch hervorragende Arbeit und unsere Raumsonden werden auf Basis von Newtons Theorien mit atemberaubender Genauigkeit gesteuert. Obwohl Einsteins Theorien in bestimmten Situationen besser sind, sind Newtons Formeln wesentlich handlicher. Und da unsere Raumfahrzeuge nicht in Bereiche vorstoßen, in denen diese Theorien unterschiedliche Ergebnisse liefern, nimmt man die einfachere.
Die Wissenschaft hat den Zweck, die Welt zu erklären, wie sie wirklich ist und hat dabei keine Hemmungen, sich selbst stetig neu zu erfinden. Das ist vermutlich der größte Unterschied zu Religionen.
Aber: Die Tatsache, dass die meisten Menschen einfach glauben, was ihnen präsentiert wird, macht die Wissenschaft zu einem Glauben. Allerdings zu einem etwas anderen.
Ich persönlich bezeichne mich als Wissenschaftsgläubigen, da ich für meine Weltsicht die Physik bevorzuge, einfach weil es harte Fakten sind. Außerdem machen die Erkärungen der Astrophysik mehr Spaß, weil sie bizarrer und seltsamer sind als irgendeine Religion.
Nur Themen, die von der Physik nicht erfasst werden können (das sind gar nicht so wenige), erkläre ich mir mit der Spiritualität.